Liechtensteins Banken laufen die Kunden davon
Doch das ist nicht das einzige Dilemma, mit dem die Banken im ehemaligen Paradies für Steuersünder kämpfen müssen. Denn nicht nur der zunehmende Verfall des Bestandskundenstammes macht sich bemerkbar. Anders als in den Jahren zuvor werden diese nämlich nicht durch den Zugang neuer Kunden ersetzt. Es tut sich eine Lücke auf im Fürstentum Liechtenstein.
Während viele Jahre lang so mancher Steuersünder aus aller Welt sein Scherflein geparkt hat, auf einem Stiftungskonto zum Beispiel, das aber keiner Stiftung, sondern nur der Steuerhinterziehung galt, wird es nun langsam kalt in dem kleinen Bankenland. Eine steife Brise weht den Banken inzwischen entgegen in dem Land, in dem die großen Steuersünder der Welt so einige Millionen auf ihren Konten gelagert hatten.
Nun sind die Halbjahresbilanzen da und verheißen nichts Gutes. So mancher gute Kunde hat nach dem Steuerskandal, der mit der Festnahme des ehemaligen Postchefs, Klaus Zumwinkel im Februar begann, sein Geld in andere Gefilde verlagert. Der Kundenstamm, der bisher von den Verlockungen des Zwergstaates angezogen wurde, glaubt wohl nun nicht mehr daran, dass man dort sein Geld steuerfrei anlegen kann. Nun zeigen sich die tiefen Spuren, die der Steuerskandal auch in Liechtenstein selbst hinterlassen hat.
Apropos steuerfrei anlegen: hier fragt sich der börsenkundige Leser, wieso so viele Leute ihr Geld ins Ausland schaffen, um steuerfreie Gewinne zu erzielen, wenn dies doch auch hierzulande mit geeigneten Anlageformen möglich ist. So erzielen viele offene Immobilienfonds einen Großteil ihrer Erträge steuerfrei und auch geschlossene Immobilienfonds können mit Steuerfreiheit aufwarten, etwa durch Doppelbesteuerungsabkommen oder durch eine entsprechende Fondskonstruktion, wie sie beim VII. Dubai Fonds der Alternative Capital Group zum Tragen kommt, wodurch den Anlegern 12 Prozent steuerfreie Gewinne pro Jahr in Aussicht gestellt werden können.
Nicht nur die Steuersünder selbst mussten und müssen bluten, nein, nun geht es auch den Banken an den Kragen. Ein ehemaliger Mitarbeiter der LGT, der Bank der Fürstenfamilie, hatte vor ein paar Monaten eine DVD mit Daten an den BND verkauft. Dieser konnte dabei so einige Steuersünder ausfindig machen, unter anderem Klaus Zumwinkel. Er, der zur der Zeit noch Postchef war, trat nur eine kurze Weile später von seinem Vorstandsposten zurück und brachte den Stein so richtig ins Rollen, da er der bekannteste der Steuersünder war, denen der Bundesnachrichtendienst – und dadurch die Steuerbehörden – auf die Schliche gekommen war.
Die Banken in Liechtenstein sowie die Fürstenfamilie selbst scheinen kein Unrechtsbewusstsein zu haben und sehen sich selbst nur als Opfer einer auf Deutschland bezogenen Affäre. Nur sind eben nicht nur deutsche Steuersünder betroffen, auch in den USA wurde man inzwischen mehr als hellhörig in Bezug auf Geldanlagen in Liechtenstein.
Bei der Fürsteneigenen Bank, der LGT, wird der Einbruch anhand des Ergebnisses der ersten sechs Monate dieses Jahres sichtbar. Von 6,5 Milliarden Franken (umgerechnet etwa 3,8 Milliarden Euro) im Vorjahreszeitraum sank der Saldo aus zufließendem und abfließendem Vermögen auf nur noch 335 Millionen Franken, was etwa 207 Millionen Euro sind. Das entspricht nur noch gut 5 Prozent des Halbjahres 2007. Schlimmer geht es also kaum mehr.
Die alten Kunden haben Angst um ihr Geld, neue Kunden wollen sich kaum noch finden. Nachdem nach dem Aufdecken der Steueraffäre ein kurzer Boom in Richtung Liechtenstein stattgefunden hat, ist dieser inzwischen wieder verebbt.
Es müssen also Rechtssicherheiten her. Diese jedoch kann es nur dann geben, wenn das Fürstentum mit der Europäischen Union kooperiert und anerkennt, dass Rechtshilfe wichtig ist in einer zukünftigen Zusammenarbeit. Derzeit ist es den Banken in Liechtenstein nämlich ziemlich egal, ob Steuersünder aus anderen Ländern ihr Geld bei ihnen anlegen. Erst wenn dies anders wird, besteht wohl eine neue Chance für die Banken im Zwergstaat.