Evonik wirbt – und wird verkauft?!
Überall läuft sie zurzeit, die neue Werbekampagne des Essener Industriekonzerns Evonik. Bei der beauftragten Werbeagentur hat man sich dafür viel Mühe gegeben, eine wirklich ansprechende Werbung zu produzieren, wie man am Clip sehen kann, der auf dem b2b-marketing-blog.de zu sehen ist.
Und nun war das alles möglicherweise gar nicht notwendig bzw. eine gar unnötige Investition? Vielleicht war es aber auch eine weitere wichtige Maßnahme, um sich interessant zu machen und um ins Gespräch zu kommen. Schließlich geht es genau darum, wenn ein Unternehmen vor einem möglichen Verkauf geht. Je mehr man im Gespräch ist, desto mehr Aufmerksamkeit hat man innerhalb und außerhalb der Branche und desto höher wird dann möglicherweise auch der Verkaufspreis ausfallen.
Eine schöne Strategie, für die man sich da angesichts einer allein zweijährigen Namensfindung (nachzulesen auf „Evonik Industries AG und News“) vielleicht ganz bewusst bei Evonik und der hinter dem Industriekonzern stehenden RAG-Stiftung entschieden hat und deren Markenaufbau noch lange nicht abgeschlossen und auch nicht von Fehlern verschont ist (siehe den Beitrag „Wer macht denn sowas?“). Ursprünglich war der Gang an die Börse geplant gewesen, welcher nun, zumindest im Moment, nicht mehr im Gespräch ist. Die Tatsache, dass Evonik sich schon jetzt aus Sponsoringaktivitäten im Ruhrgebiet zurückzieht, zeigt den Richtungswechsel und die Begrenzung nicht geschäftsnotwendiger Ausgaben im Hinblick auf den Einstieg eines neuen Großaktionärs.
Vier verschiedene Finanzinvestoren haben sich in den vergangenen Wochen durch die Bücher von Evonik „gekämpft“ und dabei einen tiefgründigen Einblick in die finanzielle Lage des Konzerns aus Essen bekommen. Nun geht es darum, die richtigen Gebote zu erstellen und diese dann bis spätestens 27. Mai, dem Stichtag für die Gebotsabgabe, einzureichen. Hier geht es um verbindliche Angebote, nicht vage Kaufgedanken, welche die Finanzinvestoren KKR, Bain, CVC und Blackstone durch die Bücher getrieben haben.
Vorerst geht es um einen Teilverkauf der Anteile, welche allesamt in der Hand der RAG-Stiftung sind. Diese will ein Viertel ihrer Anteile an einen Finanzinvestor verkaufen, der auch langfristig an einer Zusammenarbeit interessiert ist und seine Anteile an Evonik nicht gleich an den Meistbietenden weiterverkaufen möchte. Bis zu zwei Milliarden Euro soll der Verkauf dieser 25-prozentigen Beteiligung in die Kassen der RAG-Stiftung spülen. Eine stolze Summe für einen Industriekonzern, der erst jetzt – durch die laufende Werbekampagne – einer breiteren Öffentlichkeit ein Begriff geworden ist.
Nach der Sichtung der vier Angebote werden zwei davon näher in Betracht gezogen und es werden mit den jeweiligen Finanzinvestoren weitere Gespräche geführt. Ob es dabei dann zu einem Verkauf an den Meistbietenden kommen wird oder an den Investor, der für Evonik die besten langfristigen Perspektiven bietet, wird man erst im Laufe des Junis erfahren. Denn dann soll die Entscheidung für einen Käufer der Anteile fallen. Wer auch immer dieser dann sein wird, Blackstone oder CVC, Bain oder KKR, es ist zu hoffen, dass die Entscheidung für den richtigen Finanzinvestor fällt und nicht möglicherweise für einen, der doch nur den Weiterverkauf der Anteile im Sinn hat.
Die ersten Zahlen dieses Jahres waren für Evonik übrigens vielversprechend. Die Anteile werden also nicht aufgrund einer finanziellen Schieflage verkauft, wie dies sonst oft bei Unternehmens- oder zumindest Anteilsverkäufen der Fall ist. Während Evonik im ersten Quartal 2007 noch einen Umsatz von 3,56 Milliarden Euro gemacht hat, lag dieser im ersten Quartal dieses Jahres schon bei 3,94 Milliarden Euro. Auch beim Nettoergebnis sieht es gut aus. Das erste Quartal 2007 brachte hier einen Gewinn von 246 Millionen Euro, das erste Quartal 2008 einen Gewinn von 285 Millionen Euro. Schon von daher ist Evonik derzeit nicht nur aus Sicht eines potenziellen Investors interessant, sondern auch aus der eines Fondsmanagers oder Anlegers, welcher die Aktie in seinem Fonds hält oder als Bestandteil der eigenen Kapitalanlage nutzt.
Wer denn nun den Zuschlag erhalten wird, ist noch nicht absehbar. Eines aber scheint sicher zu sein: Die RAG-Stiftung will weitere 50 Prozent ihrer Anteile an Evonik verkaufen, irgendwann in den nächsten Jahren. Mit dem richtigen Partner – sprich Finanzinvestor – an der Seite kann man sich sogar einen Börsengang vorstellen, wie verlautbart wurde. Dies ist jedoch alles noch Zukunftsmusik. Wichtig ist vorerst der 27. Mai, der Stichtag für die Gebotsabgabe für die 25 Prozent von Evonik. Lassen wir uns überraschen, wer den Zuschlag letztlich erhalten wird. Für Anleger, die Evonik in ihrem Depot halten, kann die derzeitige Situation nur Gutes verheißen, denn im Zuge solcher Beteiligungsveräußerungen steigt der Aktienkurs des betreffenden Unternehmens meist signifikant.