Die Europäische Zentralbank ist der Währungshüter für die Euro-Zone, kriegt aber nach wie vor nicht die Probleme der Währungsunion in den Griff. Nachdem die Leitzinssenkungen der vergangenen Jahre nahezu wirkungslos verpufft sind und auch die Einführung von Strafzinsen für Bankeneinlagen bei der EZB nichts gebracht haben,will die Notenbank der Euro-Zone nun zu neuen Maßnahmen greifen und die Geldpolitik massiv lockern. Der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB steht in diesem Jahr vor der Tür. Wie sinnvoll oder aber sinnlos ein solches Quantitative Easing wirklich sein könnte, darüber streiten sich Experten bereits seit mehreren Jahren. Zudem steht seine Gesetzmäßigkeit in der Euro-Zone oder aber seine Unrechtmäßigkeit, weiter auf dem Tapet.
Euro-Zone rauscht in die Deflation
Am Mittwoch, den 7. Januar hat die europäische Statistikbehörde Eurostat die Jahresteuerungsrate für Dezember 2014 veröffentlicht. Das erschreckende Ausmaß der Lage, in welcher sich die Euro-Zone befindet, zeigte sich damit erneut. Während Experten im Vorfeld von einem Rückgang von 0,1 Prozent auf 0,2 Prozent ausgegangen waren gegenüber der Inflationsrate vom November des vergangenen Jahres (= 0,3 Prozent), waren die Zahlen, welche Eurostat dann veröffentlichte, noch weitaus schlimmer als erwartet. Die Jahresteuerungsrate lag im Dezember auf minus 0,2 Prozent – die Euro-Zone ist nun auch nominal betrachtet in einer Deflation angekommen.
Der fallende Ölpreis treibt die Verbraucherpreise in Europa weiter in die Tiefe und zieht die Inflationsraten der einzelnen Länder mit nach unten. Nun muss die Europäische Zentralbank erneut handeln und EZB-Chef Mario Draghi steht unter einem enormen Zugzwang. Als einzige Lösung sieht er den Ankauf von Staatsanleihen, dem Quantitative Easing (= QE), einer starken Lockerung der Geldpolitik in der Euro-Zone. Doch eine solch massive geldpolitische Maßnahmen hat zahlreiche Gegner und Kritiker. Zudem ist alles andere als ersichtlich, dass der Anleiheankauf tatsächlich die gewünschte Wirkung zeigen könnte.
Der Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim, Martin Moryson, wird mit klaren Worten im „Handelsblatt“ zitiert: „Wir rechnen damit, dass die Europäische Zentralbank bald handelt und Staatsanleihen kauft, um so die Zinsen weiter zu drücken.“ Moryson weiter: „Auch ohne die aktuellen Daten zur Inflation dürfte der nächste Schritt der EZB bereits beschlossene Sache sein.“
Die krampfhafte Verhinderung von Staatsbankrotten
Die EZB hat sich dazu aufgemacht, nicht nur der Währungshüter über die Euro-Zone zu sein, sondern gleich auch noch ganze Staaten vor dem Bankrott beschützen zu wollen. Längst ist die Rolle der europäischen Notenbank umstritten. Das Handeln und das Machtgehabe von EZB-Chef Mario Draghi werden nicht nur von deutscher Seite aus kritisch beäugt.
Doch ist es wirklich die Aufgabe einer Zentralbank, Staatsbankrotte zu verhindern? Auf diese Frage ist die Antwort schnell gefunden und sie ist ein klares Nein. Mit dem Ankauf von Staatsanleihen als drastische Lockerung der Geldpolitik wird die EZB sich aber genau in diesem Bereich einmischen und dort mitmischen wollen.
EZB hat Unabhängigkeit längst zu Grabe getragen
Bereits durch den Kauf von Unternehmensanleihen und so genannten ABS hat die Europäische Zentralbank sich in die Märkte eingemischt und diese kurz belebt. Aber diese Maßnahmen sind noch schneller verpufft, wie sie kamen. Mit den möglichen positiven Effekten des Quantitative Easing wird dies kaum anders der Fall sein. Staatsbankrotte werden so kaum verhindert werden und sollten es auch nicht. Die Märkte sollten sich selbst bereinigen und die EZB sich endlich selbst aus der Verantwortung entlassen, auf Gedeih und Verderben als Hüter über die Euro-Zone zu wachen.
Bislang konnte durch keine der geldpolitischen Maßnahmen der Notenbank Griechenland geholfen werden bei der finanziellen und konjunkturellen Problematik. Nun droht erneut der Grexit, der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Anstatt hier weiter eine Einmischung zu begehen, sollte die EZB ihre eigentliche Aufgabe wieder erfüllen: Unabhängig zu agieren und allein der Hüter der Währung zu sein und sich nicht weiter als Herr über die Währungsunion aufspielen zu wollen.
Die Folgen des Quantitative Easing
Ein Eingriff, wie ihn die EZB wohl bereits in einigen Wochen vorhat, ist nicht ohne Folgen. Wer nur das Positive daran sehen mag, dass die Notenbank sich der Währungsunion und ihren Problem weiter annimmt. Darf nicht vergessen, dass das QE folgenschwer sein kann. So kann es durch den Ankauf von Staatsanleihen in großem Stil, wie die Europäische Zentralbank es plant, zu negativen Auswirkungen auf die Zinsstrukturkurve kommen. Zudem sind Engpässe am Repo-Markt zu erwarten, wie es bereits bei den USA und ihren monatelangen Staatsanleihekäufen der Fall war.
Abflachen der Zinsstrukturkurve
Die Erwartung weiterhin niedriger Zinsen und das Anwerfen der Gelddruckmaschine durch die EZB, um Staatsanleihen zu kaufen, haben eine klare Folge: Den Glauben, dass sich die Konjunktur in der Folgezeit und damit mittelfristig, nicht erholen könnte. Dies kann zu einem Abflachen der Zinsstrukturkurve führen, was eine weitere Folge mit sich bringt: Die Banken können weniger Gewinne einfahren und verlieren damit erneut die Lust, Kredite zu vergeben. Nicht, weil die Risiken etwa zu hoch wären, sondern weil es sich für sie einfach nicht mehr wirklich lohnt.
Damit würde der große Bazooka-Schuss der Europäischen Zentralbank, das Quantitative Easing, richtig nach hinten losgehen. Statt mehr Kredite zu vergeben, was der Anreiz sein sollte, um die Wirtschaft in der Euro-Zone endlich wieder richtig in die Gänge zu bringen, werden dann voraussichtlich weniger Kredite vergeben werden. Die Schlange beißt sich so in den Schwanz und die Währungsunion hat mit den gleichen Problemen zu kämpfen, die bereits jetzt bestehen, wenn nicht sogar verstärkt durch die massiven und kaum gut durchdachten Eingriffe der EZB in die Märkte.
Anreiz für Kreditvergabe wird gesenkt, statt erhöht
Der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB könnte zum ersten Dominostein werden, der die Problematik in der Euro-Zone noch verschlimmert. Das Ende der Eurokrise wäre damit nicht in Sicht, sondern eine Zuspitzung könnte die Folge sein. Durch das QE und dessen Folgen könnten die Banken den Anreiz verlieren, Kredite zu vergeben.
Anstatt die Kreditvergabe endlich wieder richtig anzukurbeln, was bislang nicht so wirklich gelungen ist, würde damit kontraproduktiv gehandelt werden. Der vermeintliche Fortschritt im Kampf gegen die Krise würde damit in Wirklichkeit einen Rückschritt darstellen. Das Quantitative Easing und die Pläne von EZB-Chef Mario Draghi sollten deshalb alles andere als auf die leichte Schulter genommen werden.
Anleihekäufe verursachen Engpässe am Repo-Markt
Er wird als das Frühwarnsystem der Finanzwelt bezeichnet, der Repo-Markt und könnte nach einem QE durch die Europäische Zentralbank massive Probleme bekommen. Die Absicherungspapiere für Kredite sind wichtig, da sie unter anderem die Liquidität der Märkte aufzeigen. Werden sie hingegen knapp, wie es bereits durch die Staatsanleihenkäufe der Federal Reserve der Fall war, könnte dies im besten Falle zu einem leichten Taumeln, im schlimmsten Falle zu einem Kollaps des weltweiten Finanzsystems führen. Wie die Statistiken des Fachportals Tagesgeldvergleich.net zeigen, häufen sich in den USA seit Mitte 2014 die Ausfälle bei der Bereitstellung und Rückgabe von US-Staatsanleihen am Repo-Markt. Eine direkte Folge der Verknappung des Angebots an US-Staatsanleihen durch die FED.
Für Experten wie Anleger ist es deshalb sehr wichtig, den Repo-Markt nicht außer Acht zu lassen. Auch die EZB sollte sich dessen besinnen, davon ist jedoch keine Spur. Hier wird nur auf den Moment geschielt, kurzfristig die Gelddruckmaschine anzuwerfen und viel Geld in die Märkte zu pumpen, um diese zu beruhigen, ganz egal, welche mittelfristigen und langfristigen Folgen dies hat.
Bringt das QE überhaupt etwas – oder erst Recht eine lange Deflation?
Das Quantitative Easing kann von verschiedenen Seiten und damit unterschiedlich betrachtet werden. Doch die Kritiker des Ankaufs von Staatsanleihen sahen dies schon im Falle der US-Notenbank Federal Reserve als sehr bedenklich an und sind nun erst Recht nicht verstummt, wo die EZB einen solchen Schritt gehen will. Nun ist natürlich die Frage, ob das QE wirklich etwas bringt im Kampf gegen die Deflation in der Euro-Zone oder diese möglicherweise erst Recht befeuert und die Lage damit noch schlimmer macht, als sie es jetzt schon ist.
Die Folgen für die Märkte mögen zwar kurzfristig betrachtet ein Argument für den Ankauf von Staatsanleihen darstellen, mittelfristig betrachtet könnte das QE aber gegenteilige Folgen haben und damit genau das bewirken, was nun verhindert werden soll: Der tiefe Fall in eine Deflation und damit zugleich ein langer Verbleib in der Niedrigzinsphase, mit wenig Hoffnung auf Besserung für die Konjunktur in der Euro-Zone. Was sich wiederum negativ auf die Zinsstrukturkurve auswirken würde.
Experten warnen deshalb dringend vor dem Ankauf von Staatsanleihen. Ob sie gehört werden, ist jedoch mehr als fraglich. Wie die letzten Entscheidungen der Europäischen Zentralbank und ihre in der Öffentlichkeit gemachten Aussagen zeigen, hat ihr Präsident Mario Draghi zwar einen dicken Schädel und setzt sich gerne durch mit seinem Willen, aber ihm fehlen ohne jede Frage sowohl das Händchen wie auch der Verstand dafür, die tatsächliche Lage der Problematik zu erfassen.
Die verbotene Staatsfinanzierung
Der Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank wird von Experten aber nicht nur aufgrund des Eingriffs in die Märkte kritisch betrachtet, sondern wegen der Tatsache, dass das QE eine verbotene Staatsfinanzierung durch die EZB darstellt. Will die Notenbank diesen Schritt wirklich beschreiten, könnte dies dramatische Folgen haben für die gesamte Euro-Zone.
Nun mag die Europäische Zentralbank und ihr Rat dies einfach übergehen und nicht weiter darüber nachdenken wollen. Schließlich fühlt man sich zum dramatischen Handeln gezwungen, weil man sich selbst in Zugzwang und in die Nähe des Abgrunds gebracht hat. Doch was Recht ist, muss Recht bleiben und kann nicht einfach, weil es der EZB so passt, ausgehebelt werden.
Ankauf von Staatsanleihen unvereinbar mit Grundgesetz!
Das Quantitative Easing durchzuziehen, wäre einfach für die EZB. Aber die rechtlichen Probleme, die sich hierdurch ergeben würden, könnten dramatisch sein. Wie das Bundesverfassungsgericht im Januar 2014 in seinem Urteil beschlossen hat, ist der Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank nicht vereinbar mit dem Grundgesetz in Deutschland.
Die Karlsruher Richter fanden in ihrer Urteilsbegründung klare Worte: „Ein Handeln der Europäischen Zentralbank außerhalb ihres geld- und währungspolitischen Mandats (aa) oder ein Verstoß gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung durch das OMT-Programm (bb) würde eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Kompetenzüberschreitung bedeuten.“ Und weiter: „aa) Überschritte die Europäische Zentralbank mit dem OMT-Beschluss ihr geld- und währungspolitisches Mandat, griffe sie damit in die wirtschaftspolitische Kompetenz der Mitgliedstaaten ein.“
Wie sicher sind Staatsanleihen?
Klarer auszudrücken ist es kaum, was die EZB mit dem QE letztlich durchführen würde. Dennoch geht EZB-Präsident Draghi seinen Weg entschieden weiter und will eine Billion Euro in die Märkte pumpen. Bereits jetzt ist klar, dass dies zu Streit in der Euro-Zone führen wird. Interessant dabei wird sein, ob die Bundesregierung dann still halten und Draghi handeln lassen wird. Oder aber unter anderem Bundesfinanzminister Schäuble zu seinem Wort steht, dass es von ihm keine Zustimmung zum Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank geben wird.
Zusammenbruch der Euro-Zone durch das Quantitative Easing möglich
Der Ankauf von Staatsanleihen, das QE, soll als Mittel dienen, die Euro-Zone aus der Krise zu führen und die Jahresteuerung aus dem (inzwischen erreichten) Bereich der Deflation wieder in Richtung Preisstabilität zu führen. Doch diese Maßnahme ist unter Experten sehr umstritten, unter anderem hat sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bislang klar gegen das QE ausgesprochen. Doch werden die Bedenken Weidmanns wirklich Gehör finden unter seinen Mitstreitern im Rat der Europäischen Zentralbank oder werden seine Einwände weiter ungehört bleiben?
Im schlimmsten Falle ist durch das Quantitative Easing sogar ein Zusammenbruch der Währungsunion möglich. Das Zünglein an der Waage dabei ist Deutschland. Geben Bundestag und Bundesfinanzminister Schäuble nicht ihr Einverständnis zum Ankaufprogramm der EZB, kann dieses nicht durchgeführt werden. Zumindest nicht mit deutscher Beteiligung. Deutschland könnte damit nicht länger Teil der Euro-Zone bleiben, wolle die Regierung weiter der Verfassung treu bleiben.
Währungshüter müssen neue Wege finden
Das Ankaufprogramm für Staatsanleihen ist bei Experten umstritten. Aus deutscher Sicht schon allein ohne Zustimmung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Sollte ein solches Programm kommen, könnten zudem weitere Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht drohen. Der Schritt, den EZB-Chef Draghi geht, ist damit mehr als bedenklich, riskiert er doch den Zusammenbruch der Währungsunion oder zumindest den Ausstieg dessen wichtigsten Mitglieds, Deutschland.
Ein anderer Weg muss deshalb gefunden und nicht einfach nur die Vorgehensweise der USA mit ihrem QE kopiert werden. Die Problematik der Euro-Zone und der Vereinigten Staaten waren und sind unterschiedlich. Was den USA geholfen hat, kann die Währungsunion zu Fall bringen.
Interesse an Fremdwährungskonten nimmt zu
Die Euro-Zone hat seit Jahren Probleme. Sämtliche geldpolitischen Maßnahmen der EZB konnten der Währungsunion nicht wieder auf die Beine helfen. Der Euro steht unter Beschuss, während der US Dollar durch den Aufschwung der Konjunktur in den USA wieder zu alter Stärke zurückzufinden beginnt.
Da ist es kein Wunder, dass sich Anleger und Investoren eher nicht mehr auf den Euro verlassen wollen. Das Interesse an Fremdwährungskonten nimmt auch in Deutschland zu. Entsprechende Angebote deutscher Onlinebroker gibt es inzwischen einige wie der Vergleich auf Geldanlage-Vergleich.org zeigt. Zwar birgt die Anlage in Fremdwährungen natürlich zugleich ein hohes Risiko, mangels der Absicherung durch Sicherheitssysteme. Aber was nützt letztlich die ganze Vorsicht, wenn das angelegte Geld zu einem erheblichen Teil den Bach runter geht, nur weil der Euro weiter dramatisch fällt gegenüber dem US Dollar und anderen relevanten Währungen.