ETFs werden bei Anlegern immer beliebter. Die passiv gemanagten Indexfonds verwalten in Europa inzwischen ein Vermögen von 655 Milliarden Euro. Vor fünf Jahren waren es noch weniger als die Hälfte: 253 Milliarden Euro. 2018 legten ETFs den besten Jahresstart ihrer Geschichte hin. Ihnen flossen 13,4 Milliarden Euro zu. Mit dem zunehmenden Erfolg werden jedoch auch die kritischen Stimmen lauter. Alles bloß Missgunst? Oder sind die Zweifel an ETFs berechtigt?
ETFs als Kursrutsch-Beschleuniger
Das Hauptargument, das gegen ETFs vorgebracht wird, lautet, sie können Kursrutsche an der Börse verstärken. Als Beispiel wird oft der 24. August 2015 genannt. Damals sackte der Kurs des S&P 500 zeitweise um bis zu 5 Prozent ein.
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Die Reaktion vieler ETFs, die auf dem S&P 500 basieren, fiel heftig aus. Sie verloren stärker als der ihnen zugrundeliegende Index – teilweise über 20 Prozent. Es dauerte eine Stunde, bis sich die Situation beruhigte.
Die Erklärung des Finanzmarktanalysten Clemens Schmale dafür lautet: „Je mehr Anleger ETFs kaufen, desto geringer wird der aktive Handel und der Float (frei handelbare Aktien). Je mehr frei handelbare Aktien zur Verfügung stehen, desto liquider ist ein Wert – grob gesagt. ETFs graben Einzelaktien Liquidität ab, sodass es wie im August 2015 wegen fehlender Liquidität bei Einzelwerten zu Handelsstopps kommt. Kommt es zu diesen Stopps, gibt es für die ETFs kein Market Making mehr und sie brechen ein. Ein Teufelskreis.“[1]
Das eigentliche Problem sind nicht ETFs
Lutz Johanning, Professor an der WHU Otto Beisheim School of Management, stimmt dem Argument in Teilen zu: „ETFs können Trends verstärken, aber das können aktiv gemanagte Publikumsfonds ebenso.“
Morningstar-Experte Ali Masarwah sagt: „ETFs können dazu beitragen, die Korrelation zu erhöhen, sie können die Volatilität erhöhen und die Rückschlagsgefahr auch.“ Er sieht jedoch ebenfalls nicht die ETFs an sich als Problem. Vielmehr gehe die Gefahr von prozyklischen Risikomanagement-Handelssystemen aus, deren Strategien ebenso gut mit Derivate, Zertifikate und Futures umgesetzt werden können.[2]
Marktanteil von ETFs weiterhin gering
Wichtig bei dieser Diskussion ist zudem, sich vor Augen zu führen, wie groß der Anteil der ETFs an den Märkten tatsächlich ist. Die guten Zahlen und die große Aufmerksamkeit, die ETFs genießen, erwecken oft den Eindruck, beim passives Investieren handele es sich um eine dominante Strategie.
Tatsächlich beläuft sich der Anteil, den europäische und amerikanische ETFs am europäischen Aktienmarkt haben, auf 4,4 Prozent. Vergleicht man das Volumen der täglich gehandelten Aktien aus dem Euro Stoxx 50 mit dem Volumen der täglich gehandelten ETFs auf den Euro Stoxx 50, beträgt dieses gerade einmal 2 Prozent von jenem.
In Bezug auf die Liquidität von ETFs und den ihnen zugrundeliegenden Vermögenswerten stellt eine Studie für die ETF Research Academy von 2016 fest, dass die Liquidität der zugrundeliegenden Vermögenswerte zwar die Liquidität des ETF beeinflussen, es jedoch weitere Einflüsse gibt. Dazu zählen die Größe des ETFs, die Handelsaktivitäten im ETF und die Volatilität im Index.
Grundlage der Liquidität eines ETFs ist der Creation-Redemption-Prozess. „Der ETF-Anbieter ist bei diesem Prozess kein passiver Beobachter, sondern hat hier vielmehr eine Schlüsselrolle. Indem er möglichst viele Market Maker motiviert, einen ETF mit Liquidität zu versorgen, verbessert er bereits beim Creation-Redemption-Prozess die Handelsqualität“, heißt es in der Studie.
Es gibt also keinen Grund ETFs zu verteufeln. Anleger sollten sich – wie bei anderen Wertpapieren auch – gut über die Eigenheiten und Schwächen informieren. Auch die Stärken sollten Anleger nicht vergessen. ETFs sind kostengünstig und bieten im Vergleich mit aktiv gemangten Fonds oft die bessere Performance.
Heike Fürpaß-Peter, Head of Public Distribution Germany and Austria bei Lyxor ETF, schreibt in einem Beitrag für das Investment: „Was man darüber nicht vergessen sollte, ist der praktische Beitrag, den ETFs für die Demokratisierung der Geldanlage leisten. Sie eröffnen dank ihrer Kosten- und Transparenzvorteile breiten Schichten den Zugang zum Kapitalmarkt.“[3]
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Weiterführende Links
[1] GodmodeTrader – Wie gefährlich sind ETFs?