Was sind bonitätsabhängige Schuldverschreibungen?
Bonitätsabhängige Schuldverschreibung ist die deutsche Bezeichnung für „Credit Linked Note“. Früher waren Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen als Bonitätsanleihen bekannt. Mit ihnen investieren Anleger in die Kreditwürdigkeit (= Bonität) eines Schuldners. Der Schuldner wird auch als Referenzschuldner bezeichnet und kann ein Staat oder ein Unternehmen sein.[1]
Inhaltsverzeichnis
Die Laufzeit von bonitätsabhängigen Schuldverschreibungen beträgt in der Regel drei bis zehn Jahre. Eine Gemeinsamkeit mit klassischen Anleihen ist die Zahlungsstruktur. Anleger erhalten jährliche Zinszahlungen. Das angelegte Kapital wird am Ende der Laufzeit zurückgezahlt.
Ob Anleger tatsächlich das investierte Kapital samt Zins zurückerhalten, hängt von der Kreditwürdigkeit des Referenzschuldners ab. Tritt bei dem Unternehmen oder dem Staat, auf das die bonitätsabhängige Schuldverschreibung abgeschlossen wurde, ein Kreditereignis ein, wird die bonitätsabhängige Schuldverschreibung vorzeitig zurückgezahlt. Ein solches Kreditereignis kann beispielsweise eine Insolvenz sein.
Weitere Zinszahlungen finden nicht statt. Unter Umständen erhalten Anleger nur Teile des investierten Kapitals zurück, im schlimmsten Fall erhalten sie gar kein Geld zurück. Als Richtwert dient hier der Marktwert der Verbindlichkeiten des Referenzschuldners. Das im Vergleich zu klassischen Staats- und Unternehmensanleihen deutlich höhere Risiko geht mit der Chance auf eine deutlich höhere Rendite einher.
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Welche Risiken haben bonitätsabhängige Schuldverschreibung?
Zu den größten Risiken bei einer Investition in eine bonitätsabhängige Schuldverschreibung zählen:
- Der Verlust des eingesetzten Kapitals durch ein Kreditereignis beim Referenzschuldner
- Der Verlust des eingesetzten Kapitals durch Insolvenz des Emittenten
- Der Verlust durch Kursschwankungen
Der Verlust des eingesetzten Kapitals durch ein Kreditereignis beim Referenzschuldner
Bei einer bonitätsabhängigen Schuldverschreibung wird in die Kreditwürdigkeit des Referenzschuldners investiert. Anleger erhalten ihr Geld inklusive Zinsen zurück, sofern kein Kreditereignis eintritt. Tritt ein Kreditereignis, beispielsweise eine Insolvenz oder die Restrukturierung von Verbindlichkeiten ein, werden die Zinszahlungen gestoppt. Das eingesetzte Kapital wird vorzeitig zurückgezahlt.[2]
Wie viel der Anleger vom eingesetzten Kapital zurückerhält, hängt vom Marktwert der Verbindlichkeiten des Referenzschuldners ab. Oft liegt das ausgezahlte Geld deutlich unter dem Nennwert der bonitätsabhängigen Schuldverschreibung. So erhielten Anleger bei der Bonitätsanleihe auf die Solvenz von Griechenland 2013 lediglich 20 bis 30 Prozent des Nennwertes zurück. Im schlimmsten Falls erhalten Anleger überhaupt kein Geld zurück.[3]
Verlust des eingesetzten Kapitals durch Insolvenz des Emittenten
Anders als bei einer klassischen Anleihe besteht zudem das Risiko, dass der Anleger sein Geld nicht zurückerhält, weil der Herausgeber (= Emittent) der bonitätsabhängigen Schuldverschreibung insolvent gegangen ist. Der Emittent einer bonitätsabhängigen Schuldverschreibung ist eine Bank.
Das Risiko eines Verlustes aufgrund der Insolvenz des Emittenten besteht sogar dann, wenn kein Kreditereignis beim Referenzschuldner eintritt. Anders ausgedrückt: Auch wenn sich die Bonität des Referenzschuldners gemäß den Vorstellungen des Anlegers entwickelt, kann er das eingesetzte Kapital verlieren, sofern die Bank in Zahlungsschwierigkeiten gerät, welche die bonitätsabhängige Schuldverschreibung herausgibt.
Verlust durch Kursschwankungen
Schließlich besteht die Gefahr von Kursschwankungen. Zu einer Kurssenkung kann es bei bonitätsabhängigen Schuldverschreibung beispielsweise kommen, wenn
- die Marktzinsen ansteigen oder
- die Bonität des Referenzschuldners sinkt.
Sinkt die bonitätsabhängige Schuldverschreibung im Kurs und verkauft der Anleger sie vorzeitig, kann das zu Verlusten führen.
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Welche Grundsätze gelten bei der Emission von Schuldverschreibungen?
Abgewendetes Verbot von bonitätsabhängigen Schuldverschreibung
Am 28. Juli 2016 verlautete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dass bonitätsabhängige Schuldverschreibung, die damals noch Bonitätsanleihen hießen, verboten werden sollen. Das Kleinanlegerschutzgesetz hatte ihr 2015 die Kompetenzen dazu zukommen lassen. Am 16.12.2016 rückte die BaFin in einer Pressemeldung jedoch von dem Verbot ab.
Die Banken hatten vorgeschlagen, sich neue Grundsätze für den Vertrieb aufzuerlegen. Nach neun Monaten, in denen die BaFin den Vertrieb von bonitätsabhängigen Schuldverschreibung beobachtet hatte, sah sie endgültig von einem Verbot ab. Die Selbstverpflichtung wurde in den Augen der BaFin eingehalten.
Die Grundsätze bei der Emission von Schuldverschreibungen in Kurzform
Die folgende Auflistung gibt die Grundsätze beim Vertrieb von bonitätsabhängigen Schuldverschreibung in Kurzform wieder:
- Es werden ausschließlich einfach strukturierte bonitätsabhängige Schuldverschreibungen zum Zwecke des Vertriebs an Privatkunden in Deutschland emittiert
- Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen werden ausschließlich mit festem Zins emittiert
- Zum Zeitpunkt der Emission werden die Anleihen an einem organisierten Markt notiert, was für den Emittenten umfangreiche gesetzliche Publizitätspflichten nach sich zieht
- Referenzschuldner werden nach sorgfältiger Prüfung ausgewählt
- Dem Kunden werden Produktinformationen zur Verfügung gestellt, die eine verständliche Beschreibung der Produktstruktur und eindeutige Risikohinweise enthalten
- Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen werden nur unter der Bezeichnung „bonitätsabhängige Schuldverschreibung“ vertrieben
- Der Anlass für die Emission darf NICHT die zum eigenen Vorteil erfolgende Verlagerung von Risiken aus Krediten sein, die von dem Emittenten oder mit ihm verbundenen Unternehmen gewährt werden
- Die Mindeststückelung beträgt 10.000 Euro
- Die Anleihen werden in der Anlageberatung NICHT an Kunden in den beiden geringsten Risikobereitschaftsstufen vertrieben
- Zum Schutz des Anlegers werden im Vertrieb bei der Anlageberatung im ersten Schritt Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers hinsichtlich der Produktstruktur bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen besonders berücksichtigt. Im zweiten Schritt werden dem Anleger weitergehende produktspezifische Kenntnisse vermittelt[4]
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Welche Chancen bieten bonitätsabhängige Schuldverschreibung?
Trotz der Risiken, die bonitätsabhängige Schuldverschreibungen mit sich bringen, erfreuen sie sich bei vielen Anlegern großer Beliebtheit. Mitte 2017 waren etwa 5,6 Milliarden Euro in sie investiert. Das waren 9,1 Prozent des gesamten ausstehenden Anlagevolumens in Zertifikaten und strukturierten Anleihen.[5]
Die Gründe für die Beliebtheit sind vielfältig. Gerade in Zeiten niedriger Zinsen suchen Anleger nach alternativen Geldanlagen. Staatsanleihen gelten zwar als sicher, bieten häufig jedoch kaum mehr Rendite als beispielsweise Festgelder. Andere Wertpapiere wie Aktien sind teils starken Schwankungen unterzogen. Viele Anleger trauen dem Aktienmarkt darum nicht.
Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen dagegen sind:
- Unabhängig von den Bewegungen des Aktienmarktes
- Besser verzinst als klassische Anleihen
- Aufgrund des großen Angebots gut handelbar
Damit eignen sie sich sowohl als Alternative zu anderen Geldanlagen als auch als Ergänzung des Portfolios. Weitere Vorteile bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen sind:
- Tritt kein Kreditereignis ein, werden die bonitätsabhängigen Schuldverschreibungen am Ende der Laufzeit zu 100 Prozent des Nennbetrages zurückgezahlt
- Ein sinkender Marktzins oder eine steigende Bonität des Referenzschuldners können dazu führen, dass der Kurs der bonitätsabhängigen Schuldverschreibungen steigt
- Anleger erhalten regelmäßige Zinszahlungen
- Es gibt Varianten mit mehreren Referenzschuldnern, mit denen das Risiko gestreut und teils höhere Zinsen erwirtschaftet werden können
Bei einer Investition in eine bonitätsabhängige Schuldverschreibung sollten Anleger jedoch stets im Auge behalten: Je höher der Kupon, desto höher das Risiko
Fazit
Ein Verbot bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen durch die BaFin wurde abgewendet. Für Anleger bedeutet das, ihnen steht weiterhin ein Alternative zu anderen Anlageformen wie Anleihen und Aktien zur Verfügung. Über die Risiken bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen sollten sich Anleger stets bewusst sein. Tritt ein Kreditereignis wie eine Insolvenz ein, ist das eingesetzte Kapital womöglich verloren. Für bonitätsabhängige Schuldverschreibungen sprechen die im Vergleich zu Anleihen hohe Rendite, die regelmäßigen Zinszahlungen und die gute Handelbarkeit.
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Weiterführende Links
[1] Finanzderivate.info – Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen
[2] Finanzen.net – Bonitätsanleihen – Alternative zu klassischen Anleihen
[3] Handelsblatt – Schutz der Privatanleger: Wen der Zorn der Bafin trifft
[4] Die Deutsche Kreditwirtschaft – Grundsätze bonitätsabhängiger Schuldverschreibungen
[5] Börsen-Zeitung – Alternative im aktuellen Niedrigzinsumfeld