Wie aus einem braven Tagesgeldanleger ein Geschädigter der Finanzkrise wird
Beim Thema Tagesgeld denkt jeder sofort an eine absolut sichere Geldanlage. Dass dem nicht zwingend so sein muss, zeigen die Ereignisse der letzten Monate, für welche stellvertretend auch dieser Artikel eines unserer Gastautoren steht.
Es fing alles mit dem Lesen der Süddeutschen Zeitung vor einigen Monaten an. Im Wirtschaftsteil sprang mir eine große dunkelblaue Anzeige entgegen. „5,65 % aufs Tagesgeld, danach immer höher als der EZB Zins“.
Der Name der Bank (Kaupthing Edge) sagte mir nichts, aber nach einer Google Eingabe fand ich heraus, dass es die zweitgrößte Bank Islands sei und diese in Deutschland expandieren will. Auch ein Beitrag in einem Blog – ein „Selbsttest“ – klang recht gut.
Das Angebot war gut, aber auch nicht so gut, das man mistrauisch werden musste. Bei neuen Banken die auf Kundenfang sind gibts ja oft genug Lockangebote.
Ich habe mir also die Kontoeröffnungsunterlagen für das Tagesgeldkonto heruntergeladen, ausgefüllt und eingesendet. Das Konto war super schnell eröffnet, die Bank benutzte ein ausgeklügeltes PIN und TAN System was zum Teil übers Handy lief, alles machte einen guten Eindruck.
Dann kamen die ersten Meldungen aus den USA über die ersten Bankenpleiten bzw. Verstaatlichungen von großen Bankhäusern, aber es sah immer noch so aus, als wenn es nur die Aktienmärkte treffen würde. Bald darauf las ich die ersten Meldungen auf spiegel.de über die Verstaatlichung von zwei der drei größten Banken Islands, doch „meine“ Kaupthing Edge blieb verschont, sie bekam eine Millionenspritze und war für kurze Zeit die größte Privatbank Islands. Die Werbung für ihr Tages- und Festgeld lief unvermindert weiter.
Dann kam es Schlag auf Schlag auch die Kaupthing Edge wurde verstaatlicht und der ganze Staat Islands kam gehörig ins Schwanken. Jetzt fing ich an mir Sorgen zu machen und wollte das Geld abziehen, leider war ich zu langsam.
Auf der Internetseite prangte eine große Ankündigung: „Sperrung der Kaupthing Konten: Durch den Beschluss der isländischen Finanzaufsichtsbehörde ist eine Verfügung über Ihr Tagesgeld- und Festgeldkonten derzeit nicht möglich. Das ist ein temporärer Entschluss.“
Da war ich erst mal baff, sprich an mein „sicheres“ Tagesgeld komme ich nicht mehr ran. Wann sich das ändern wird, steht in den Sternen. Das Bundesfinanzministerium verwies auf den isländischen Staat, welcher im Rahmen der Einlagensicherung für bis zu 20.887 Euro bürgen sollte, und sagt, es sei nicht zuständig.
Sehr ärgerlich finde ich die „Gier-Debatte“, getreu dem Motto die Anleger seien ja selbst schuld, wenn Sie das Angebot mit den höchsten Zinsen nehmen. Auch unser Finanzminister stiess in dasselbe Horn.
Zum Glück hat sich recht schnell ein Forum der Geschädigten im Internet gegründet was einem auf dem Laufenden hält und informiert welche Schritte man einleiten muss um später doch noch an sein Geld zu kommen. Ein Betroffener ruft in seinem Blog dazu auf, Briefe an Verantwortliche zu schreiben um auf die Situation der deutschen Anleger aufmerksam zu machen.
Was wird passieren?
Vielleicht bin ich zu optimistisch, aber ich gehe noch immer davon aus, dass ich mein komplettes Geld zurückerhalten werde. Anders sieht es da sicherlich bei Leuten aus, die mehr als die 20.887 Euro bei der Bank haben, denn nur bis zu diesem Betrag garantiert der isländische Einlagensicherungsfonds eine Rückzahlung.
Im Optimal Banking Blog wird geschrieben das evt. der Einlagensicherungsfonds seit der Verstaatlichung nicht mehr zuständig ist, sondern der isländische Staat, aber das wird sich sicher bald klären.
Einige Kanzleien sind auf jeden Fall schon auf den Zug aufgesprungen und bieten eine Service an, Sie kümmern sich um die Forderungen und erhalten bei Erfolg fünf Prozent der Depotsumme, wenn man bei Google jetzt nach Kaupthing Edge sucht, sieht man einige davon.
(DieserBeitrag wurde von einem unserer Gastautoren verfasst)