Der Fall einer Wall-Street-Legende – Der Madoff-Prozess beginnt in wenigen Tagen
Er hat die Finanzwelt mitten in der Krise zu einem Aufschrei geführt. Er, das ist Bernard L. Madoff, hatte in einem Schneeball-System Anleger mit seinem Wertpapierunternehmen um 50 Milliarden Euro betrogen. Davon betroffen waren Geldanlagen von Privatanlegern, gemeinnützigen Stiftungen, wie zum Beispiel die Shoa-Stiftung von Hollywood-Regisseur Steven Spielberg und auch Banken, darunter auch die französische Großbank BNP Paribas.
Als Madoff Mitte Dezember des vergangenen Jahres vom FBI, der Bundespolizei der USA, verhört wurde, gab er sich geständig. „Es gibt keine Erklärung, die mich unschuldig aussehen lassen könnte. Ich habe Investoren mit Geld bezahlt, das eigentlich gar nicht da war. Ich denke, ich werde im Gefängnis landen. Es war alles eine große Lüge, faktisch ein Schneeballsystem.“
Damit wurde klar, dass der 70 jährige mittels seines Unternehmens Madoff Investment Securities LLC und dem Versprechen hoher – aber völlig unrealistischer – Renditen einen der größten Betrugsfälle in der Geschichte der USA geschafft hat. So konnte Madoff viele Kunden anziehen, denn, er war ja nicht irgendein Unbekannter. Normalerweise wären nur wenige unter den Opfern gewesen, aber eben nur normalerweise. Denn Bernard L. Madoff ist nicht irgendwer und in der globalen Finanzwirtschaft schon gar kein Unbekannter. Er war bis zu seinem tiefen Fall eine Legende der Wall Street. Doch diese Tage sind Vergangenheit.
Am Donnerstag der kommenden Woche muss Madoff vor Gericht erscheinen. Die Presse in den USA geht inzwischen davon aus, dass der alte Mann der New Yorker Börse, der sich seinen eigenen tiefen Fall bereitet hat, auf eine formelle Erhebung der Anklage verzichtet. Dies ist gleich zu setzen mit einem Schuldbekenntnis, welches dieser Vorgehensweise wohl auch folgen wird. Doch es ist auch die Rede von einem Deal, der möglicherweise gemacht werden soll, und der bei einem Geständnis die Strafe mildern soll.
Ganz böse Zungen gehen übrigens davon aus, dass Madoff nur deshalb zu Geständnis und Deal bereit sein soll, weil damit seine Familie und deren Privatvermögen geschützt werden könnte. Allein seine Frau Ruth kommt dabei auf ein Vermögen von 60 Millionen Euro. Wie viel davon aus den Taschen der betrogenen Investoren stammt, braucht man nicht lange nachzurechnen, das dürfte ziemlich offensichtlich sein.
Madoff selbst drohen bis zu 20 Jahre Haft. Wie lange er tatsächlich in den Bau wandern wird wegen seines dubiosen Schneeball-Systems? „Wir werden also bald wissen, wie groß der Teil seines Lebens sein wird, den er hinter Gittern verbringen wird.“ sagte Jacob Frenkel, dazu, der früher als Ermittler für die US-Börsenaufsicht SEC gearbeitet hat. Diese hatte ihn trotz mehrerer Hinweise auf die betrügerischen und strafrechtlich relevanten Machenschaften Madoffs weiter machen lassen. Ob bei den internen Untersuchungen bisher etwas heraus kam? Man mag es kaum glauben. Denn wer soll diese denn neutral durchführen, wenn keiner so richtig weiß, wer denn nun wirklich den Dreck am Stecken hat?
Madoff kann es sich auf jeden Fall ziemlich gut gehen lassen, bis er hinter schwedische Gardinen muss. In seinem Luxusapartment in New York steht er unter Hausarrest, kann also getrost seine Zeit genießen, bis er ins Gefängnis kommt. Ob es überhaupt dazu kommen wird? Vielleicht hat ja eher die Gerechtigkeit längst ihren Kampf gegen die Deals der Gerichte in aller Welt verloren. Siehe das Zumwinkel-Urteil und den zuvor zu spät unterzeichneten Durchsuchungsbefehl, der den ehemaligen Postchef vor einer Gefängnisstrafe bewahrt hat. Oder das Schnellurteil jetzt gegen Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus, das zeitlich genau so passend war, dass er seine Kandidatur als Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen im August nun öffentlich erklären konnte. Die Frage ist, was ist Gerechtigkeit heute noch, in Tagen, in denen Frau Justitia längst erblindet zu sein scheint?