Das hamburgische Bankhaus Donner & Reuschel, eine Tochter der Signal-Iduna-Versicherung, kündigt seinen Kunden die Riester-Verträge. In diesem Zusammenhang macht die Bank aus einem Problem mit seiner IT-Anlage eine nach eigener Deutung entstandene „Störung der Geschäftsgrundlage“. Deswegen meint die Bank, sie könne die betreffenden Riester-Sparverträge kündigen. So berichtet es das Wirtschaftsmagazin „Capital“ in seiner neuesten Ausgabe.
Konkret gehe es um „gut 130“ Riester-Kunden der Privatbank Donner & Reuschel, denen das Institut „nahegelegt“ habe, so „Capital“ online , mit ihrem Riester-Vertrag zum Mutterhaus der Bank, der Signal-Iduna-Versicherung, zu wechseln. Letztlich seien 16 Kunden dem Wechselvorschlag zur Signal-Iduna nicht gefolgt. Und folglich habe die Bank den Kunden ihren Riester-Sparvertrag außerordentlich gekündigt.[1]
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Riester-Verträge sind vom Betreiber unkündbar – eigentlich
Tatsächlich sind Riester-Sparverträge unkündbar; jedenfalls können sich deren Betreiber, also der Bank, Versicherung oder dem Fondshaus oder Bausparkassen nicht einseitig von ihren Kunden trennen. Im Falle Donner & Reuschel wollten die Riester-Sparer auch nicht kündigen, sondern ihren mit der Bank geschlossenen Vertrag behalten. Die Kündigung kam trotzdem, wie „Capital“ berichtet. Die Bank habe die betroffenen Verträge auf IT-technischen Gründen nicht weiterführen können. Deswegen berufe sich Donner & Reuschel auf eine „Störung der Geschäftsgrundlage“, wie sie im § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt ist.[2]
Schauen wir einmal auf Absatz 1 des § 313. Wenn sich die Umstände, unter denen ein Vertrag geschlossen wurde, „schwerwiegend“ verändert haben, man diesen Vertrag also heute wirtschaftlich zumutbar (so) nicht mehr mit dem Kunden abschließen würde, dann entfällt die Geschäftsgrundlage für den Vertrag. Prüfen wir einmal sehr konkret: WAS hat sich denn bei den Riester-Verträgen für die Betreiber geändert? Der Zins. Der Zins, den der Riester-Betreiber heutzutage noch auf dem Kapitalmarkt erwirtschaften kann, tendiert gegen Null. Zieht man von dem Riester-Guthaben der Sparer noch die angemessenen Kosten ab, dann würde (hier im Beispiel) die Privatbank Donner & Reuschel bei jedem Kunden Geld drauflegen.
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Dieses Problem (niedrige Marktzinsen sicherer Anlagen und Kosten) und verbunden mit der Beitragsgarantie, das Vermögen darf nicht kleiner sein als die Summe der Beiträge, ist für die Riester-Anbieter nicht neu, sondern es verschärft sich seit Jahren mit dem stetigen Verfall der Zinsen. Und dieses Problem haben alle Riester-Betreiber, neben Donner & Reuschel mit ihrem Riester-Banksparplan auch die ebenfalls anbietenden Versicherer, Fonds und Bausparkassen – alle machen sie Riester. Laut Bundessozialministerium bestehen derzeit rund 16,5 Millionen Riester-Verträge.[3]
Praktisch alle neueren Verträge seit etwa dem Jahr 2015 leiden unter dem Quasi-Nullzins, so dass die Betreiber kaum noch die gesetzliche Beitragsgarantie für die Kunden gewährleisten können. Aber die Anbieter kündigen keine Riester-Verträge. Nur das Bankhaus Donner & Reuchel. „Es dürfte das erste Mal überhaupt sein, dass ein Riester-Anbieter versucht, solche Verträge zu beenden“, schreibt „Capital“. Und zitiert Benjamin Wick von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: „Wenn Donner & Reuschel damit durchkommt, könnten andere Riester-Anbieter das Vorgehen kopieren und sich einfach auf eine neue IT berufen, um Kunden zu kündigen“.
Den Schwarzen Peter freiwillig gezogen?
Angesichts des Dauerzinstiefs kann es also sein, dass demnächst weitere Riester-Anbieter ihren Kunden die Verträge kündigen. Dann käme die zahlenmäßig kleine Kündigungsaktion von Donner & Reuschel allerdings einem Dammbruch gleich. Kann die Bank sich durchsetzen – was eine Kundenklage samt bankenfreundlichem Gerichtsurteil voraussetzte – sind weitere Riester-Kündigungen zu befürchten.
Mal kurz am Beispiel von Donner & Reuschel gerechnet, deren Kosten und am Reputationsrisiko gemessen. Bei der Bank geht es um 16 gekündigte Riester-Sparer. Nehmen wir an, diese Menschen riestern jedes Jahr den Höchstbeitrag von 2.100 Euro, dann kämen da je Kunden nach 30 Sparjahren 63.000 Euro Beitrag zusammen. Nehmen wir an, die Bank müsste je Nase, pardon Kunde, 1,0% drauflegen, dann wären das 630 Euro. Mal 16 Fälle ist gleich 10.080 Euro.
So gerechnet muss man sich fragen, ob es sich lohnt, wegen läppischen 10.000 Euro (und ein bisschen mehr), freiwillig den „Schwarzen Peter“ zu ziehen und als erster Riester-Kündiger unrühmlich in die Finanzgeschichte einzugehen.
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Weiterführende Links
[1] Capital – Privatbank kündigt Riester-Verträge