Nach Leitzinssenkung: Türkische Zentralbank vor Entmachtung?
Vor wenigen Tagen hat die Türkische Zentralbank in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Leitzins für das eigene Land dramatisch erhöht. Von bisher 7,75 Prozent ging es um gleich 4,25 Prozent nach oben. Der neue Leitzins von 12,0 Prozent sollte dazu dienen, den Verfall der Lira, der türkischen Währung, aufzuhalten. Tagelang war die Lira gefallen, die Notenbank wollte bremsen, doch gebracht hat die ganze Aktion nur eines: noch mehr Verunsicherung bei Anlegern, bei Investoren und beim eigenen Volk.
Nun ist Zentralbanken jedoch, bei aller Kritik von außen, nur einmal eines, und darauf wird immer auch gerne gepocht: unabhängig. Das bedeutet, die Notenbanken der einzelnen Staaten oder aber wie bei der Euro-Zone die EZB, fällen ihre Entscheidungen unabhängig von allen politischen Einlassungen egal welcher Couleur.
Aber dieses Blatt der Unabhängigkeit könnte sich bald wenden, zumindest im Falle der Türkei. Der mit harter Hand regierende türkische Premier Recep Tayyip Erdogan will laut Medienberichten nun auch Hand an die Zentralbank des eigenen Landes legen und diese entmachten. Funktionen soll diese über eine Änderung der Regeln für die Notenbank der Türkei. Dabei soll es vor allem darum gehen, dass die Notenbank in Zukunft dazu verpflichtet werden soll, darauf zu achten, dass das Wirtschaftswachstum gesichert wird anstatt den Hauptmerk auf den Kampf gegen die Inflation zu richten.
Sollte Erdogan diese Entmachtung der türkischen Zentralbank gelingen, würde dies jedoch kaum den Effekt haben, den sich der Premier erhofft. Eher ist wohl davon auszugehen, dass die dringend benötigten Investoren genau deshalb dann noch mehr ausbleiben werden, weil die Unsicherheit zu groß ist, hohe Summe in ein Land zu tragen, bei dem sich von heute auf morgen wichtige Regeln ändern können. Zudem ist Erdogan nach wie vor umstritten durch die blutige Zerschlagung der Unruhen sowie seine möglicherweise noch unklare Stellung im weitreichenden Korruptionsskandal, der derzeit wie ein Beben durch die Türkei fegt.
Und letztlich dürfte fast jedem halbwegs denkenden Menschen eines klar sein: eine Währung wird nicht dadurch gestützt, dass man die Regeln einer bislang unabhängigen Zentralbank beschneidet bzw. sie drastisch verändert. Sondern dadurch, indem man Klartext spricht und sich zu seinem Land und vor allem zur wirtschaftlichen Zukunft seines Landes bekennt. All dies macht Erdogan derzeit nicht, und genau dies ist es, was letztlich auch die türkische Währung weiter beschädigen wird. Der Verfall der Lira ist jedoch anders nicht aufzuhalten, früher oder später wird dies wohl auch der Türkei auffallen bzw. den dortigen Machtinhabern. Aber es könnte sein, dass es dann schon zu spät ist…
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