Das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses?
Es könnte sein, dass demnächst eine Ära, ein Mysterium, eine Legende gar sich dem Ende neigt, denn das Schweizer Bankgeheimnis hat Löcher bekommen. Das Schweizer Bankgeheimnis war etwas, das immer wieder die Gemüter bewegt hat und das dennoch unumstößlich schien.
Nun könnte alles anders werden. Denn in den USA steht ein ehemaliger Banker der UBS, eine der Großbanken der Schweiz, vor Gericht. Sollte er auspacken, wird es krachen im Bankengebälk der Alpenrepublik, in der derzeit auch ein Teil der Fußball-Europameisterschaft ausgetragen wird. Es droht ein Entzug der Bankenlizenz in den USA, was für die UBS natürlich fatal wäre. Aber wenn er singt, der ehemalige Banker, dann wird wohl nicht Gnade vor Recht ergehen (wir berichteten dazu bereits unter „Der Vogel hat gesungen“). Zu sehr wurden die USA und ihre Bevölkerung in den letzten Jahren durch Finanzskandale und die Immobilienkrise geschunden. Es könnte also gut sein, dass bei dem laufenden Verfahren ein Exempel statuiert werden wird.
Die schweizerische Verschwiegenheit war es, die finanziell gut betuchte Menschen aus aller Welt anzog, um ihr pralles Scherflein auf einem der bekannten Nummernkonten zu parken und die Geldanlage in der Schweiz als ein Mittel zur „Steuerverkürzung“ zu nutzen. Ist nun das Ende dieser Zeit in Sicht?
Bradley Birkenfeld, der ehemalige Mitarbeiter von UBS in den Vereinigten Staaten, steht nun wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor Gericht. Und er wird sich wohl nicht mehr an die Tradition des Schweizer Bankgeheimnisses halten – es ist absehbar, dass er aussagen und dabei möglicherweise richtig auspacken wird.
Außerdem fordern die US-Behörden die Herausgabe der Daten von ca. 20.000 Kunden. Denn genau von diesen soll die Schweizer Großbank im Ausland Schwarzgeld in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar beiseite geschafft haben.
Dabei hatte die UBS schon Ende des vergangenen Jahres eine Menge Probleme und musste Abschreibungen in der Höhe von 14,2 Millionen US Dollar vornehmen. Nun steckt sie noch tiefer im Schlamassel und es könnte neben der bereits bestehenden Kommunikationskrise bei der Schweizer Grossbank alles noch viel bitterer werden.
In dem aktuellen Verfahren geht es darum, dass dem Milliardär Igor Olenicoff durch Birkenfeld einige Tipps gesteckt worden waren, wie er hunderte Millionen US-Dollar an den amerikanischen Steuerbehörden vorbeischleusen kann. Und das scheint nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Die UBS muss nun Farbe bekennen, und das wird zu massenhaft Kontokündigungen führen seitens vieler „Steuersparer“ aus aller Welt, die ihr Geld auf den Nummernkonten der Bank zwischengelagert haben. Wie ein Rattenschwanz wird sich dieser Prozess aber nicht nur auf die UBS begrenzen, sondern viele andere Schweizer Vermögensverwalter ebenfalls betreffen.
Ist das das Ende? Oder erst der Anfang eines Liedes, bei dem noch viel mehr Dreck an die Oberfläche der weltweiten Bankenlandschaft gelangen wird? Ich würde sagen, dass diejenigen, die ihr Geld in die Schweiz geschafft haben, um neben den Vorzügen des Schweizer Private Banking auch die Anonymität und den Blickschutz vor allzu neugierigen Finanzbeamten nutzen zu können, ihre Kapitalerträge aber entweder im Rahmen der Quellensteuer oder ihrer persönlichen Steuererklärung wahrheitsgemäß deklariert haben, nichts zu befürchten haben.
Lediglich Anleger, die den Finanzstandort Schweiz und die dort angebotenen Services zur Steuerhinterziehung genutzt haben und noch nutzen, werden von nun an auf glühenden Kohlen sitzen. So dürfte es meiner Meinung nach nicht verwundern, wenn in Kürze wieder einmal jede Menge Selbstanzeigen von Anlegern bei den Finanzbehörden in Deutschland eingehen. Wohl dem, der damit noch vor Beginn gezielter Ermittlungen herausrückt, denn danach ist es zu spät, den Kopf mit einem blauen Auge aus der Schlinge zu ziehen.