Die irische Zentralbank und das International Financial Services Centre (IFSC) in Dublin bereiten sich auf einen möglichen »Brexit« vor. Sollte am 23. Juni das Referendum in Großbritannien gegen einen EU-Verbleib stimmen, könnte als Konsequenz ein heftiger Ansturm internationaler Fondsgesellschaften auf Irland zukommen. Nach einem EU-Austritt Großbritanniens können in London registrierte Fonds ihre Produkte vermutlich nicht mehr auf dem europäischen Festland handeln und benötigen daher eine Brückenschanze in die Europäische Union. Neben Luxemburg ist Irland das wichtigste Zentrum in der EU, internationale Fondgesellschaften werden sich verstärkt um eine Zulassung bemühen.
Irische Zentralbank beaufsichtigt 6.000 Fonds
Auch ohne Brexit und dem daraus folgenden Fondsansturm muss Gareth Murphy, der für die Finanzaufsicht der irischen Zentralbank zuständig ist, mehr als 6.000 Fonds betreuen, Tendenz steigend. Doch in Dublin präsentiert man sich kämpferisch und stellt sich den die Herausforderungen. »Ich habe meine Mitarbeiter beauftragt, schon jetzt so viele Informationen einzuholen wie möglich, denn der Übergang könnte chaotisch sein«, so Murphy.
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Irland ist geografisch, wirtschaftlich und politisch eng mit Großbritannien verflochten. Deutschland ist das zweitwichtigste Exportland Großbritanniens. Kommt der Brexit, droht dem Finanzplatz London ein Bedeutungsverlust. Viel wird von den wohl komplizierten Verhandlungen mit der EU abhängen. Würde es einen »weichen« Austritt geben? Käme London in den Genuss eines Freihandelsabkommen wie etwa Norwegen, die Schweiz, Island oder Lichtenstein? Ohne ein Freihandelsabkommen müssten voraussichtlich mit jedem EU-Staat eigene Abkommen geschlossen werden. Großbritannien könnte elementare Freiheiten und den Zugang zum europäischen Binnenmarkt verlieren.
Warum Brexit?
»Brexit« ist ein zusammengesetztes Kunstwort aus »Britain« und »Exit«. Im Juni 2016 lässt die britische Regierung unter Premierminister David Cameron ein Referendum abhalten, um über den Verbleib Großbritanniens in der EU abzustimmen. Cameron ist nicht per se gegen den europäischen Gedanken und sieht die Zukunft des Vereinigten Königreiches weiterhin in der Staatengemeinschaft, doch fordert er Zugeständnisse ein. Größter Streitpunkt ist ein britischer Vorschlag, Sozialleistungen Für EU-Ausländer in den ersten vier Jahren in Gänze zu streichen. Ökonomen und Analysten sind bemüht, etwaige Folgen für die britische Wirtschaft vorherzusagen. Und diese sind bei weitem nicht positiv. Einer aktuellen Studie der Confederation of British Industry (CBI) zufolge droht Großbritannien im Falle eines EU-Austritts bis ins Jahr 2020 ein Verlust von 100 Millionen Pfund Wirtschaftsleistung – rund fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Großbritannien ist die die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas, die am schnellsten wachsende unter den sieben führenden Industrienationen.