Es ist hinlänglich bekannt, dass das scheinbar ungebremste Wachstum in China seit einem Jahr an nicht vorhergesehene Grenzen gestoßen ist. Die Wirtschaft lahmt, die Nachfrage sinkt.
Dies kann jedoch nicht im Sinn der chinesischen Führung sein, die Wachstum um jeden Preis sucht. Der Versuch, den stockenden Export durch ein Umlenken auf die einheimischen Verbraucher zu kompensieren, hat nicht funktioniert. Welche Möglichkeiten bleiben? Und nimmt China einen Währungskrieg in Kauf?
Yuan abwerten – Exporte billiger machen
Was den Exporteuren innerhalb der EU Zuversicht brachte, der Einbruch des Euros gegenüber dem US-Dollar, sollte also auch den Chinesen Freude bereiten können. Der Yuan wird abgewertet, Exporte aus China werden billiger, die Wirtschaft erholt sich. So könnte möglicherweise das Szenario der Parteiführung ausgesehen haben – die Situation gegenüber dem Euro ist allerdings eine gänzlich andere.
Im Gegensatz zum Euro, dessen Kurs gegenüber dem US-Dollar (fast) vom freien Spiel der Märkte bestimmt wird, ist der chinesische Yuan noch lange keine völlig frei handelbare Währung. Chinas Yuan wurde erst im November 2015 in die Gruppe der Weltwährungen aufgenommen. Bis dahin stand der Yuan in enger Bindung zum US-Dollar. Parallel dazu stellte die chinesische Zentralbank im Dezember 2015 einen Index vor, der sich in voller Höhe am Handel orientiert.
Hier erfahren Sie mehr zum Handel mit Devisen »
Da der Handel rückläufig ist, sank damit automatisch auch der Wert des Yuan, bislang um rund sechs Prozent (Stand 9.2.2016). Um die potentiellen Auswirkungen dieser faktischen Abwertung nachvollziehen zu können, bedarf es eines kurzen Rückblicks in die Vergangenheit.
Chinas Wirtschaft seit 2002
In der Zeit zwischen 2002 und 2011 boomte der Rohstoffmarkt, nicht zuletzt aufgrund des schier grenzenlosen Bedarfs im Reich der Mitte. China kaufte alles auf, was es bekommen konnte. Doch mit dem Einbruch der chinesischen Wirtschaft verfielen auch die Rohstoffpreise wieder und befanden sich 2014 fast auf dem Vor-Boom-Niveau. Leidtragende waren vor allem die Länder, deren Haupteinnahmequelle aus Rohstoffen bestand.
China produzierte in allen Bereichen wie Unterhaltungselektronik, Anlagen, Transport sowie natürlich Textilien und wurde damit größter Konkurrent unter anderem von Japan und Süd-Korea. Dies alles geschah noch zu einer Zeit, als der Yuan weit von Wechselkursschwankungen entfernt war. Der konjunkturelle Einbruch kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, nämlich der partiellen Freigabe des Yuan.
Der handelsbasierte Index, der das Verhältnis des Yuan zu anderen Währungen widerspiegelt, ist hausgemacht und an die chinesischen Bedürfnisse angepasst. Handelsbasiert bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Währungen analog zum Handel Chinas mit den jeweiligen Ländern gewichtet werden – theoretisch.
Indien, Taiwan, Korea und Vietnam als mit die wichtigsten Handelspartner Chinas kommen beispielsweise gar nicht darin vor. Die Gewichtung anderer Währungen steht nur bedingt in tatsächlicher Relation des Handelsaufkommens. Vergleicht man die Exportprognosen von China, müsste der Yuan aufgewertet, und nicht abgewertet werden.
Zinssignal aus den USA zum falschen Zeitpunkt?
Die Anhebung des Leitzinses in den USA und die Ankündigung vier weiterer Zinsschritte im Jahr 2016 werden im Zusammenhang mit den chinesischen Aktivitäten von einigen Experten als völlig falsches Signal eingestuft. Dieser Schritt sei schuld an dem weltweiten Einbruch der Wirtschaft. Allerdings haben sich gerade die Währungen der Schwellenländer recht schnell wieder erholt.
Die Befürchtung einer erneuten Rezession in den USA als hausgemachtes Produkt ist zunächst vom Tisch. Allerdings droht aufgrund der Lage in China in Nordamerika tatsächlich eine erneute konjunkturelle Delle. Schrumpft der Export nach China, geht dies wieder mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen einher.
Auf der anderen Seite wurde China in kürzester Zeit zum größten Exporteur der Welt. Der billige Yuan kann in den USA, so die Hoffnung in Peking, zu einem Nachfrageanstieg nach chinesischen Gütern und einer nachlassenden Nachfrage nach heimischen Produkten führen. Ebenfalls ein Risiko für den Arbeitsmarkt.
Chinas Strategie zielt auf Handelskrieg ab
Mit der Abwertung des Yuan will China das Ziel erreichen, seine Exporte zu stabilisieren, auf Kosten aller anderen Nationen. Worte wie „Handelskrieg“ und „Währungskrieg“ machen inzwischen die Runde. Seit einiger Zeit fallen die Exportpreise weltweit mit einer Ausnahme: China. Dies ist um so unglaubwürdiger, als China, wie bereits erwähnt, alles produziert, was auch in anderen Nationen hergestellt wird.
Eine weitere Gefahr liegt in der Höhe der Exportüberschüsse in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Während dies weltweit stagnierte, nur sehr langsam anstiegt oder rückläufig ausfiel, machen die Handelsbilanzüberschüsse in Bezug auf die chinesische Wirtschaft im Jahr 2016 zwischen acht und zehn Prozent aus. Das bedeutet, dass die Differenz zu den BIPs anderer Nationen negativ ausfällt. Tatsache ist, dass unter Berücksichtigung der hier aufgeführten Sachverhalte China seine Währung aufwerten müsste, um eine Gleichstellung mit anderen Nationen zu erzielen.
Import, Export, Rohstoffpreise und Währungen
Rohstoffe werden in US-Dollar gehandelt. Das bedeutet für die exportierenden Länder, dass ihre Währungen weniger Wert werden, wenn die Rohstoffpreise fallen. Rohstoffe haben in den letzten Jahren um bis zu 60 Prozent und mehr nachgegeben.
China müsste vor diesem Hintergrund einen enormen Überschuss erwirtschaftet haben. Die Exporte seien stabil geblieben, die Rohstoffpreise gesunken, damit die Produktion billiger geworden. Fakt ist aber, dass auch die chinesischen Exportpreise gesunken sein müssen. China ist keine Insel. Wären die Berechnungen, auch in Bezug auf Rohstoffpreise, korrekt, hätte China bereits eine Abwertung erfahren. Die Abwertung des US-Dollars hat keine logischen Ursachen, sondern stellt reines Machtkalkül dar.
Die Notenbanken anderer Nationen, beispielsweise Japan, aber auch die EZB, müssen nun noch stärker gegensteuern als bisher. Japan überlegt eine weitere Anpassung der bereits negativen Zinsen, Mario Draghi erwägt Ähnliches.
Die Problematik mit faulen Krediten
Auch die chinesische Wirtschaft kennt inzwischen die Problematik fauler Kredite. Das Volumen dieser Darlehen, die in US-Dollar vergeben sind, beläuft sich auf die schier unvorstellbare Zahl von 1.000 Milliarden US-Dollar. Diese müssen durch die Abwertung des Yuan verstärkt abgesichert werden und Terminkontrakte kommen in Unmengen auf den Markt. Die Folge der Abwertung sind zum einen Geldanlagen in US-Dollar, zum anderen klassische Kapitalflucht. Mit einem nicht freigegebenen Yuan wären diese Risiken aussen vor geblieben.
Die Peoples Bank of China versuchte andererseits auch gegen die Abwertung vorzugehen. Rund 20 Prozent ihrer Devisenreserven in Höhe von 4.000 Milliarden US-Dollar wurden dafür bereits aufgewendet. Allerdings läuft Peking Gefahr, dass es deutlich mehr benötigt. Hedgefonds fangen an, sich für den Yuan zu interessieren und beginnen, ihre Wetteinsätze auf einen anhaltenden Kursverlust des Yuan zu plazieren.
Dazu erwerben sie Verkaufsoptionen auf den Yuan. Würden diese ausgelöst, müsste die Gegenseite, in der Regel Banken, Unmengen von Yuan auf den Markt werfen – ein totaler Kursverfall wäre die Folge.
Chinesische Güter würden so preiswert werden, dass die heimischen Hersteller der Importländer ihre Pforten schließen könnten. Träte das Szenario des Yuan im freien Fall ein, wären Importsperren auf der einen Seite und Probleme der chinesischen Handelspartner in China die Folge. Die Auswirkungen an den Aktienbörsen lassen sich damit leicht erahnen.
Aktienhandel - Wertpapierdepots im Vergleich »
China rief mit der Abwertung seiner Währung Geister auf den Plan, die Hedgefonds, von denen es nur hoffen kann, dass es sie wieder los wird. Alternativ könnte es zu einem globalen konjunkturellen Desaster kommen, das weit über einen Handelskrieg hinausgeht. Es darf nicht vergessen werden, dass chinesische Unternehmen aktuell auf Einkaufstour sind, jüngstes Beispiel ist die 39 Milliarden Euro Offerte für den schweizerischen BioTech-Hersteller Syngenta.
Das könnte Sie auch interessieren: