Kursanstieg und -fall der VW-Aktie
Der Anstieg und der darauf folgende Fall des Kurses der VW-Aktie versetzte Großinvestoren und Privatanleger in der letzten Woche in Erstaunen. Der spektakuläre Höhenflug der VW-Aktie begann am letzten Dienstag. Der DAX lag zwischenzeitlich um 200 Punkte bzw. 5 Prozent im Plus. 170 Punkte hiervon sind der Aktie des Automobilherstellers zu verdanken. In der Spitze kostete eine einzige Aktie über 1.005 Euro.
Grund dafür ist nicht etwa der Verkauf von unzähligen Autos, sondern das Konkurrenzunternehmen Porsche, welches es auf den VW Konzern abgesehen hat. Einige Händler gaben als weitere Ursache des drastischen Kursanstiegs vorhergegangene Leerverkäufe, d. h. Spekulationen auf Kursfälle bei unterschiedlichen Aktiengesellschaften an.
Der Wolfsburger Automobilproduzent Porsche gilt schon lange nicht mehr ausschließlich als Autohersteller, denn mittlerweile ist das (ehemalige) Familienunternehmen vielmehr eine Investmentbank geworden. Ziel des Unternehmens ist eine Übernahme des VW-Konzerns mit einem Aktienanteil von über 70 Prozent.
Weniger bedacht haben die schwäbischen Sportwagenhersteller, dass ihr guter Ruf bei einer solchen Aktion gefährdet sein könnte. Während Porsche die Gewinne abkassiert, zahlen andere Investoren die Zeche dafür. Als die Aktie von Volkswagen am Donnerstagvormittag die 1.000-Euro-Marke knackt, applaudieren Händler im Handelssaal der deutschen Bank in Frankfurt. Der Beifall gilt fast ausschließlich dem aktuellen Finanzchef bei Porsche: Holger Härter. Er hat fast eigenständig für den enormen Kursanstieg gesorgt und weitestgehend die Übernahme von VW durch Porsche eingefädelt. Seither spült Volkswagen kontinuierlich viel Geld in die Kasse des schwäbischen Mitinhabers. Als die Aktie des niedersächsischen Autoproduzenten 1.000 Euro wert war, betrug der Wert des kompletten Konzerns unglaubliche 294 Milliarden Euro.
Hedgefonds und Investmentbanker wurden, scharfzüngig ausgedrückt, ausgetrickst. Investoren, die auf einen Kursfall der VW-Aktie gesetzt hatten, verzeichneten innerhalb weniger Tage hohe Verluste. Dementsprechend gestimmt sind diese auf die Konzernleitung von Porsche.
Innerhalb von nur einem Tag hatte sich der Wert jeder Volkswagen-Aktie mehr als verdoppelt. Auch zu Zeiten der Finanzkrise hat sich Porsche als gut funktionierendes Unternehmen bewiesen, und das weniger in der Automobilbranche, als vielmehr in der Investmentsparte.
Konzernchef Wendelin Wiedeking und Finanzchef Holger Härter sind nach eigenen Angaben ein ausgezeichnetes Team, welches sich grandios ergänzt. Viele Experten werfen dem Unternehmen Marktmanipulation vor, doch Porsche weist alle Vorwürfe von sich. Der Konzern weiß aber dennoch, dass der gute Ruf auf dem Spiel steht.
Wiedeking wurde in früherer Zeit zum bestverdienenden Konzernchef Deutschlands erhoben. Sein Jahresgehalt beträgt knapp 60 Millionen Euro. Wie das Unternehmen Mitte/Ende Oktober bekannt gab, habe man angeblich schon über 74,1 % aller Aktien von Volkswagen unter Kontrolle. Spekulanten soll bisher schätzungsweise ein Verlust von mehr als 30 Milliarden Euro entstanden sein.
Der Freudenrausch bei Aktieninhabern der VW-Aktie hielt allerdings nicht sehr lange an. Schon wenige Tage später sank der Kurs wieder extrem. Fazit zum Börsenschluss am Freitag ist ein Aktienkurs von 475,10 Euro. Heute liegt der Wert der Aktie sogar nur noch bei gut 427 Euro. Dadurch lässt sich unschwer erkennen, dass der Spitzenwert von 1.000 Euro keinesfalls realitätsnah oder gerechtfertigt war, sondern vielmehr in diese Dimensionen „gepusht“ wurde.
Zurzeit ist die Autobranche für Wiedeking und Härter übrigens eher zweitrangig. Viel mehr Geld lässt sich derzeit aus Investmentgeschäften herausholen. Nach Expertenbefragungen gab es in der gesamten Wirtschaftsgeschichte noch nie einen solch spektakulären Höhenflug eines DAX-Wertes.