EZB senkt Leitzins weniger als erwartet – um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent
In den vergangenen Monaten waren die Zusammenkünfte des Rats der EZB überall in der Euro-Zone mit Spannung erwartet worden, und dies nicht nur von den Experten der Finanzwirtschaft. Heute hatte wieder eine solche Ratssitzung stattgefunden und brachte im Anschluss ein sehr überraschendes Ergebnis. Zwar wurde der Leitzins der Europäischen Zentralbank als zentrale Notenbank für die Eurozone auf ein historisches Tief von 1,25 Prozent gesenkt – doch mit nur 25 Basispunkten unter dem bisherigen Zinsniveau von 1,50 Prozent fiel die Leitzinssenkung unerwartet niedrig aus.
Damit hat sicher niemand gerechnet, der sich ernsthaft mit den wichtigsten Themen der Geldwirtschaft befasst, wozu der Leitzins nun einmal gehört. Die EZB scheint wieder einmal mit Verzögerung zu reagieren, wie dies bereits im vergangenen Sommer der Fall war, als sich bereits eine Rezession ankündigte, der Leitzins für den Euro-Raum aber noch einmal erhört statt gesenkt wurde. „Sind wir schon an der unteren Grenze angelangt? Was das Hauptrefinanzierungsgeschäft anbelangt, sage ich ganz offen, dass es nicht die Untergrenze ist. Ich schließe nicht aus, dass wir in sehr maßvoller Weise vom aktuellen Niveau nach unten gehen könnten.“, verteidigte Jean-Claude Trichet den niedrigen Schritt von 1,5 auf 1,25 Prozent in einer Weise, in der auch weitere Leitzinssenkungen nicht ausgeschlossen werden. Dennoch ist nicht zu verstehen, wieso die Europäische Zentralbank hier wieder so zögerlich handelt.
Ken Wattret, Volkswirt bei BNP Paribas, sagte der „Financial Times Deutschland“ dazu: „Unser Gefühl ist, dass die EZB eine gute Chance verpasst hat, um die Initiative zu ergreifen und den Leitzins noch stärker zu senken“. Auch viele andere Experten regierten enttäuscht, empört und zum Teil auch resigniert. Die Europäische Zentralbank ist nun einmal der Maßstab für das finanzwirtschaftliche Leben in der Euro-Zone, aber so langsam kann man den alten Herren des Rates dort wirklich unterstellen, dass sie jeglichen Bezug zur Realität verloren haben. Und man kann sich getrost eines Frage: Ist die Leitzinssenkung von 25 Basispunkten vielleicht sogar nur deshalb erfolgt, weil sie von allen Seiten gefordert worden war? Zu vermuten ist es angesichts des Handelns und angesichts der Tatsache, dass Jean-Claude Trichet und Konsorten immer mehr in ihrem Elfenbeinturm zu verblassen scheinen.
Während der G 20-Gipfel im Moment in London zugange ist und inzwischen maßgebliche Entscheidungen gefallen sind, geht die Europäische Zentralbank dank ihres Rates immer noch an einem alten, brüchigen Stock. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, mag man meinen, in welcher dieser endgültig bricht.
Ungeachtet der niedrigen Zinssenkung wird auch diese mit Sicherheit wieder als Argument von vielen Banken ins Feld geführt werden, wenn es darum geht, etwa die Tagesgeldzinsen oder Festgeldzinsen ihrer Angebote zu senken.