Bernanke goes TV – Der erste Auftritt eines US-Notenbank-Chefs seit 20 Jahren
Die Lage ist ernst in den USA. Die Bevölkerung will wissen, wie es weitergeht. Zu Boden gerissen durch die Immobilienkrise, hat der US-amerikanische Finanzmarkt schwere Verluste hinnehmen müssen. Und auch die Wirtschaft wurde beschädigt, und musste Auftrags- und Absatzeinbußen hinnehmen. Von der Notenbank der USA, der Federal Reserve, war zwar immer etwas in den Nachrichten zu lesen und es kamen auch Pressemitteilungen, doch das Licht der Öffentlichkeit wurde letztendlich gescheut. Dies wurde nun, von einem Tag auf den anderen, anders. Ben Bernanke, der amtierende Chef der Fed, hatte gestern einen Auftritt bei der Sendung „60 Minuten“. Die vom US-Fernsehsender CBS ausgestrahlte Sendung hatte es geschafft, Bernanke vor die Kameras zu bringen.
Der Schritt war gut gewählt in einer Zeit, in der ein US-Präsident die Wahl quasi im Licht der Öffentlichkeit bereits vor dem eigentlichen Urnengang gewann. Die Menschen warten auf Nachrichten und auf Erklärungen. Und genau das hatte Ben Bernanke jetzt erkannt und sich einem Interview vor der Fernsehkamera gestellt. In wie weit Barack Obama die Fäden im Hintergrund gezogen und ihn zu dem Auftritt gedrängt oder gar gezwungen hat, wird wohl niemals jemand erfahren.
Laut Bernanke wird es keine weitere Pleite einer Großbank mehr geben. Indirekt kann nun auch davon ausgehen, dass die immer noch angeschlagenen Großbanken Fannie Mae und Freddie Mac damit auf jeden Fall auch weiterhin von der US-Regierung Hilfen erhalten werden. Inzwischen wurde bekannt, dass Freddie Mac weitere 31 Milliarden US Dollar benötigt, um überhaupt weiter die Bankgeschäfte durchführen zu können. Der US-Notenbankchef sagte zu dem noch krisengeschädigten Bankensystem in seinem Land: „Daran arbeiten wir. Und ich denke, dass wir es stabilisiert bekommen“.
Eines sagte Ben Bernanke aber klar: „Das größte Risiko ist, dass wir nicht den politischen Willen haben. Wenn wir nicht die Entschlossenheit haben, das Problem zu lösen, und wir die Dinge einfach laufen lassen, können wir nicht mit einem Aufschwung rechnen.“ Dies sagte er zu dem Punkt, dass er glaube, dass die Rezession bereits dieses Jahr ihr Ende finden, und es sogar zu Beginn des nächsten Jahres zu einem kleinen Aufschwung kommen könnte.
Der politische Willen der USA wird sich hoffentlich auch bei dem für die globalen Finanzmärkte so wichtigen (zweiten) Weltfinanzgipfel zeigen, der Anfang des kommenden Monats in London stattfinden wird. Immerhin zeigte sich unsere Bundeskanzlerin sehr zufrieden nach dem Vorbereitungstreffen der G20, welches dieses Wochenende ebenfalls in der Hauptstadt des Vereinten Königreichs stattfand. Nach einem Gespräch mit dem dortigen Premierminister Gordon fand sie zukunftsorientierte Worte: „Ich bin optimistisch, dass es uns mit den USA und aufstrebenden Ökonomien wie Indien und China gelingen kann, zu Resultaten zu kommen, die durch Regulierung und Überwachung sicherstellen, dass sich eine solche Finanzkrise nicht mehr wiederholen kann.“
Ein Erfolg des Treffen der 20 wichtigsten Staaten dieser Welt kann jedoch jetzt schon wegweisend sein: Die Kontrolle und Regulierung der Hedgefonds. Neben der Stabilisierung des Bankensektors ein weiterer wichtiger Schritt, um die Anleger wieder zurück aus den sicheren Häfen wie Tagesgeldkonten oder Festgeld hin zu Aktien, Fonds und anderen Sachwertanlagen zu bringen. Ob und wie die USA weitere Schritte machen werden bzw. überhaupt zu gehen bereit sind, wird wohl erst der Weltfinanzgipfel zeigen. Doch der Gegenwind aus Europa und den aufstrebenden Wirtschaftsmächten aus Asien wird immer schärfer, auch in Sachen Konkurrenz.
cw